Papier Raumkörper Paper Body Solo-Performance
Video of the performance – on request – Dauer 29:29 Minuten / length: 30 minutes / Produktion/Schnitt / production / film cut: Nivre Film & Studio Weimar / Ort / venue: Gollan Kulturwerft, Lübeck / Mai / May 2022 / Fotos während des Drehs / photos during the shooting of the film: Darko Velazquez / Helge Mundt (CAB gallery. Berlin. 2021)
Video Kunsthaus Hamburg, Februar 2024 – Ausstellung Exhibition „Andere Verhältnisse“ – von Arne Lösekann
Welche Möglichkeiten wohnen der räumlichen Entfaltung einer 2,20 m hohen, 20 m langen und ca. 20 kg schweren Papierbahn inne? Im Stehen entrolle ich langsam eine schwere Papierbahn. Durch meinen Körper, der die schwere Papierbahn lenkt und bewegt und sie wiederum mich, werden Raumkörper geschaffen, die sich im nächsten Moment wieder auflösen. Was bleibt, ist ein Bild der Verletzlichkeit des Papiers in der Schönheit eines Fragments, das alles Flüchtige / Ephemere fließen, leben und da sein lässt. Die Fläche des Papiers malt ähnlich einem Pinselstrich. Wie in der Malerei zeigen sich Entscheidungen unmittelbar und intuitiv. Meinen Körper, meine Sinne, also meine subjektiven Empfindungen erlebe ich zumeist innerhalb des Raumkörpers Papier. Ich selbst erlebe das Licht, die Transluzenz des Papiers, den Raumkörper Papier. Ich sehe aber nie die entstehenden Formen in ihrer Gesamtheit. Erst durch den äußeren Blick des Betrachtenden, des Fotografierenden, des Filmenden, werden mir meine Entscheidungen während des Prozesses der Performance bewusst. In meiner Arbeit geht es um die innere Welt und Wahrnehmung und die feine Grenze zur äußeren Welt, den Übergang vom illusionistischen Bild zum realen Raum.
„Mit der Performance „Papier Raumkörper“ setzt Janine Gerber den Prozess zwischen Nicht-Mehr- und Noch-Nicht-Sein ganz konkret in Szene. Indem sie eine große Papierbahn entrollt, sich mit ihr bewegt und dadurch einen sich stetig wandelnden Raumkörper schafft, der im Sinne einer strukturierenden Struktur wieder auf ihren Körper und die gestaltenden Bewegungsabläufe zurückwirkt, entwirft sie nicht nur ein Bild des Menschen, der den eigenen Möglichkeitsraum erforscht. Sie veranschaulicht auch den Umstand, dass das handelnde Individuum in diesem Prozess zwar im Rahmen seiner Verhältnisse einer konkreten Utopie folgen kann und die Verhältnisse dadurch zu Nicht-Mehr-Seienden und Noch-Nicht-Gewordenen wandelt, dennoch aber in größerem Zusammenhang Erscheinungen und Strukturen hervorbringt, die von den ursprünglichen Absichten des Individuums entkoppelt sein können, wie Norbert Elias und Anthony Giddens es beschreiben. So vollzieht ihr Körper im subjektiven Erfahrungsraum gestische Abläufe im unmittelbar erlebten Raumkörper aus Papier; die Gesamtheit des Prozesses und dessen Ergebnis bleiben ihr aber, solange sie sich im performativen Vollzug befindet, verborgen. So entsteht ein Ganzes, das jenseits ihrer individuellen Absicht liegt.“ ©Dr. Thomas Piesbergen / Rede zur Ausstellung „Andere Verhältnisse“, Jahresausstellung BBK-HH, Kunsthaus HH, 2024
ENG// Which opportunities does unfolding a paper roll (2,20m high, 20 m long and with a weight of 20 kg) offer? Standing with a large, heavy paper roll, I slowly enfold it. My body moves the large paper roll and the paper moves my body: Thus, paper bodies get created and in the next moment they get dissipated again. What remains, is a picture of the paper’ s vulnerability in the beauty of a fragment which lets everything ephemeral flow, live, and be there. The paper itself unfolds in space and thus “paints” similar to a brush stroke. Like in painting, the decisions I make during the performance become apparent in a direct as well as in an intuitive way. My body and senses and therefore my subjective experiences during the performance are mostly inside of the paper’s body. I personally experience the translucency of the paper; I experience the paper itself as a geometrical body. However, during the performance, I never see the shapes which are created as whole. It is only by looking at my work from the outside afterwards, by taking the perspective of a visitor, a photographer, or of a person who is filming the performance that I become aware of the decisions I made during the performance process. In my work I examine the boundaries between the inner world and inner perception and the outside world. My work is about the fine line which separates inner and outer world, about the transition from an illusionistic image to real space.
Übersetzung / translation Deutsch-Englisch German-English: Henriette Kohnert